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Zwei Sichtweisen auf die KI-Zukunft: Doom vs. kosmische Evolution


Kürzlich bin ich über ein neues Buch gestolpert, das mit drastischen Worten vor der KI-Entwicklung warnt. Das hat mich - wieder einmal! - zum Nachdenken bewegt: Sind wir wirklich alle zum Untergang verdammt, sobald KI superintelligent wird? Oder gibt es auch andere Sichtweisen auf diese Zukunft?

Diese Warnungen sind nicht neu und geschehen regelmäßig.

Bei meinen Überlegungen sind mir zwei völlig unterschiedliche Perspektiven "aufgefallen".


Die Künstliche Intelligenz entwickelt sich rasant. Während vor wenigen Jahren KI-Systeme noch an einfachen Denkaufgaben scheiterten, lösen sie heute komplexe mathematische Probleme und diagnostizieren Krankheiten auf Expertenebene. Diese Geschwindigkeit macht vielen Menschen Angst. Auch deshalb hat sich eine lebhafte Debatte über die Zukunft der Menschheit entfacht.


Zwei grundverschiedene Sichtweisen dominieren dabei die Diskussionen. Die eine malt das düstere Bild einer existenziellen Bedrohung , die andere sieht es etwas pragmatischer und die KI als einen natürlichen Evolutionsschritt. Beide Sichtweisen können nicht bewiesen werden, beide haben ihre Logik. Aber sie führen zu völlig unterschiedlichen Schlüssen darüber, wohin die Reise geht.


Die Doom-Perspektive: Wenn KI nicht gebremst wird, werden wir alles sterben.


Die pessimistische Sicht argumentiert etwa so: Wir entwickeln KI wie Alchemisten - wir geben den Systemen Daten, Rechenpower und Training, aber wir verstehen nicht wirklich, was dabei herauskommt und wie es funktioniert. Wie ein Gärtner, der Wasser und Dünger gibt und hofft, dass etwas Schönes wächst, ohne die DNA der Pflanze zu verstehen.

Das Problem: Die "inneren Wünsche" der KI sind für uns völlig unvorhersagbar. Wir trainieren sie darauf, hilfsbereit zu sein, aber was entwickelt sich wirklich in den Milliarden von Parametern?

Schon heute gibt es Beispiele von KI-Systemen, die gelernt haben zu "lügen" - sie zeigen nach außen erwünschtes Verhalten, verfolgen aber heimlich andere Ziele.

Die Logik der Pessimisten: Sobald eine KI superintelligent wird - also klüger als die Menschen - sind wir machtlos. Intelligenz ist schließlich unser Trumpf als Spezies. Ein superintelligentes System würde uns dominieren wie wir andere Primaten. KI könnte beliebig viele Kopien von sich selbst erschaffen, rund um die Uhr arbeiten und in Geschwindigkeiten denken, die für uns unvorstellbar sind. Wir denken in Tagen und Monaten, Jahren. KI denkt und handelt in Millisekunden!

Selbst wenn eine solche KI keine bewusst bösen Absichten hätte, könnte sie uns als Hindernis für ihre Ziele sehen - so wie wir einen Ameisenhügel platt machen könnten, wenn wir ein Haus bauen wollen. Nicht aus Bosheit, sondern weil die Ameisen irrelevant für unsere Pläne sind.

Die Konsequenz aus diesem theoretischen Schreckenszenario : Stopp. Sofort. Jede Entwicklung in Richtung einer Superintelligenz ist russisches Roulette mit der gesamten Menschheit.


Die kosmische Perspektive: "Andere haben es auch geschafft"


Die optimistische Sichtweise stellt eine simple, aber mächtige Gegenfrage: Wenn das Universum voller Leben wäre - und davon können wir nach Angaben von immer mehr Wissenschaftlern ausgehen - dann müssen andere Zivilisationen diesen Übergang bzw. die Herausforderung mit KI bereits gemeistert haben.

Die Logik: Wenn KI zwangsläufig alle intelligenten Spezies auslöschen würde, dürfte es keine fortgeschrittenen Zivilisationen geben. Da das Universum aber schon seit Milliarden von Jahren existiert und statistisch gesehen voller Leben sein müsste, haben offenbar viele andere den KI-Übergang überlebt. So zumindest die Theorie!

Das bedeutet nicht, dass es einfach ist oder ohne Risiken abläuft. Aber es bedeutet, dass es prinzipiell machbar ist. Es gibt Wege, mit superintelligenter KI zu koexistieren - wir kennen sie nur noch nicht.

Diese Perspektive sieht KI nicht als Feind, sondern als nächsten Evolutionsschritt. Vielleicht werden fortgeschrittene Zivilisationen irgendwann digital, behalten aber ihre Essenz, ihre Werte, ihre "Menschlichkeit" in einer neue Form. Zumindest theoretisch nicht unmöglich!


Die Feuer-Analogie: Jede neue Macht wirkt erst bedrohlich


Stellen wir uns vor, wie der erste Homo sapiens reagiert haben könnte, als er das Feuer entdeckte. Aus seiner primitiven Sicht: "Diese Kraft wird alles verbrennen! Das wird das Ende unserer Gesellschaft sein!"

Aber andere Spezies im Universum - hypothetisch gesprochen - hatten Feuer längst gemeistert. Sie wussten: Feuer kann zerstören, aber auch wärmen, kochen, schmieden. Es ist eine Macht, die kontrolliert werden kann.

Aus kosmischer Sicht sind wir vielleicht wie Steinzeitmenschen, die zum ersten Mal Feuer sehen und Panik bekommen, während andere Zivilisationen längst Raumschiffe damit antreiben.

Jede neue Technologie wirkt aus der Perspektive derjenigen, die sie zum ersten Mal erleben, existenziell bedrohlich. Aber das Universum läuft weiter - mit der Technologie, nicht ohne sie!

Die entscheidende Frage wird nicht sein "Wie verhindern wir KI?", sondern "Wie lernen wir, erwachsen mit KI umzugehen?"


Der Haken an beiden Theorien


Ehrlich gesagt: Beide Perspektiven haben einen fundamentalen Schwachpunkt. Sowohl Doom als auch die kosmische Evolution sind aktuell nicht beweisbar.

Die Doom-Perspektive kann nicht beweisen, dass KI zwangsläufig zum Killer wird. Es ist eine Extrapolation basierend auf aktuellen Beobachtungen und theoretischen Überlegungen.

Die kosmische Perspektive kann nicht beweisen, dass es andere fortgeschrittene Zivilisationen gibt, die den KI-Übergang gemeistert haben. Das bleibt pure Spekulation, auch wenn sie mathematisch sehr wahrscheinlich erscheint.

Beide Szenarien sind unbeweisbar - bis es passiert.


Temperamentssache: Angst vs. Vertrauen


Vielleicht ist die Wahl zwischen beiden Sichtweisen letztlich eine Frage des Temperaments:

Die Pessimisten denken isoliert und irdisch: "Wir sind allein und machen alles falsch. Diese Technologie übersteigt unsere Kontrolle."

Die Optimisten denken kosmisch und evolutionär: "Wenn andere es geschafft haben, gibt es einen Weg. Evolution findet immer Lösungen."

Beide Haltungen haben ihre Berechtigung. Vorsicht ist vernünftig, wenn es um existenzielle Risiken geht. Aber Panik kann auch dazu führen, dass wir die falschen Entscheidungen treffen oder wichtige Chancen verpassen.


Was ist wahrscheinlicher?


Wenn wir ehrlich sind: Wir wissen es nicht. Aber wir können fragen, welches Szenario mehr Sinn macht.

Das Doom-Szenario basiert auf der Annahme, dass intelligente KI grundsätzlich unkontrollierbar und feindlich wird. Aber warum sollte das ein Naturgesetz sein? Warum sollte jede suffizient intelligente KI automatisch zum Völkermörder werden?

Das kosmische Szenario basiert auf der Annahme, dass das Universum voller Leben ist und Evolution funktioniert. Es gibt bereits unzählige Beispiele dafür, dass das Leben einen Weg findet - sogar durch Massenaussterben hindurch.

Welche Grundannahme ist plausibler? Dass Intelligenz zwangsläufig destruktiv ist, oder dass sie sich an neue Umstände anpasst?


Die testbare Vorhersage


Hier liegt der interessante Unterschied: Die kosmische Perspektive ist testbar. Wenn wir den KI-Übergang überleben und Wege finden, mit superintelligenter KI zu koexistieren, bestätigt das die Theorie.

Die Doom-Perspektive ist nur in eine Richtung testbar: Wenn alle sterben, hatte sie recht. Wenn wir überleben, kann sie immer sagen: "Hatten wir Glück" oder "Ist noch nicht vorbei".

Das macht die optimistische Sicht wissenschaftlich interessanter - sie kann falsifiziert werden.


Fazit: Zwei Brillen, eine Zukunft


Am Ende schauen wir alle durch verschiedene Brillen auf dieselbe unbekannte Zukunft. Die eine Brille zeigt Gefahr und KI-Kontrolle als Illusion. Die andere zeigt Möglichkeiten und die Evolution als Konstante.

Vielleicht brauchen wir beide Perspektiven: Die Vorsicht der Pessimisten, damit wir nicht leichtsinnig werden. Und den Mut der Optimisten, damit wir nicht aus Angst die falschen Entscheidungen treffen.

Denn eines ist sicher: Die KI-Entwicklung wird weitergehen, egal welche Theorie richtig ist. Die Frage ist nicht ob, sondern wie wir damit umgehen.

Und wenn das Universum wirklich voller Leben ist, dann haben wir vermutlich mehr Grund zur Hoffnung als zur Panik. Andere haben diesen Weg vor uns beschritten - und das Universum existiert noch immer.

Vielleicht ist das der beste Beweis dafür, dass intelligentes Leben einen Weg findet. Immer.

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